Dienstvergehen von Beamten

Das Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) regelt in § 47 die Voraussetzungen und Folgen einer Nichterfüllung von Pflichten durch Beamte. Das BeamtStG gilt für Landesbeamte (z.B. Lehrer, Polizisten, Finanzbeamte, Justizbeamte) und für Beamte der Landkreise, Städte und Gemeinden (z.B. Verwaltung, Feuerwehr, Vermessung).

Für Beamte des Bundes kommt eine ähnliche Regelung in § 77 Bundesbeamtengesetz (BBG) zur Anwendung.

§ 47 Nichterfüllung von Pflichten
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
(BeamtStG in der Fassung vom 28. Juni 2021)

Kommentierung:

Nicht jede einfache Rechtswidrigkeit in der Amtsführung eines Beamten, etwa die unrichtige Anwendung einer Rechtsnorm, stellt ein Dienstvergehen dar. Ein Dienstvergehen setzt vielmehr die Verletzung einer Dienstpflicht voraus. Dienstpflichten ergeben sich vor allem aus den Beamtengesetzen, insbesondere aus §§ 33 ff. Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) oder §§ 60 ff. Bundesbeamtengesetz (BBG). Außerhalb der Beamtengesetze sind nur dann Dienstpflichten normiert, wenn die Regelung dem Beamten konkrete Pflichten auferlegt.

Nicht jede mangelhafte Arbeitsweise ist pflichtwidrig. Grundsätzlich schuldet jeder Beamte nur eine im Ganzen durchschnittliche Leistung. Das schließt allerlei Mängel der Arbeitsweise ein, die als Ganzes zu betrachten ist. Auch der fähigste und zuverlässigste Beamte macht gelegentlich Fehler und ist Schwankungen seiner Arbeitskraft unterworfen (VG Düsseldorf, 31 K 6764/12.O).

Eine Pflichtverletzung ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft erfolgt. Schuld bedeutet die persönliche Vorwerfbarkeit eines vorsätzlichen oder eines fahrlässigen Verhaltens.

Im Strafgesetzbuch (StGB) sind Hinweise zur Schuldunfähigkeit zu finden:
§ 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

§ 21 Verminderte Schuldfähigkeit
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Zum Beispiel Alkohol, Drogen, Medikamente, Erschöpfungszustände, Neurosen, Phobien, depressive Störungen, Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen können sich auf die Schuld auswirken. Auch eine Tat in einer psychischen Ausnahmesituation (z.B. Augenblicksversagen, Blackout) ist anders zu bewerten als eine Tat, die überlegt und planvoll ausgeführt wurde.

Wann droht ein Disziplinarverfahren?
Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat die dienstvorgesetzte Stelle die Pflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten (siehe z.B. § 17 Disziplinargesetz NRW).

Die Vorwürfe in Disziplinarverfahren können unterschieden werden in: Welche Dienstvergehen gibt es? Beispiele:
Die Dienstvergehen werden teilweise auch Delikte genannt.

Die Meldung bzw. Anzeige von bestimmten Dientvergehen kann auch anonym erfolgen. Nach dem im Jahr 2022 beschlossenen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) werden Hinweisgeber (Whistleblower) besonders geschützt, die "verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamten" melden.

Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte sind: Vor allem für Beamte auf Widerruf in der Ausbildung (Anwärter / Referendare) und für Beamte in der Probezeit (auf Probe) können Dienstvergehen erhebliche Folgen haben. Gemäß § 23 Abs. 3 und 4 BeamtStG kann der Dienstherr Beamte unter geringeren Voraussetzungen entlassen.

Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte sind: Die Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) haben in ihren Beamtengesetzen i.d.R. weitere Regelungen getroffen.

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