Folgepflicht und Beratungspflicht für Beamte

Das Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) regelt in § 35 die Folgepflichten für Beamte. Für Beamte des Bundes gilt § 62 Bundesbeamtengesetz (BBG).

§ 35 Folgepflicht
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(BeamtStG in der Fassung vom 28. Juni 2021)

Kommentierung:

Diese Pflichten werden unterteilt in die Folgepflicht, Dienstleistungspflicht, Gehorsamspflicht, Beratungspflicht und Unterstützungspflicht.

Folgepflicht, Dienstleistungspflicht, Gehorsamspflicht:
Beamte sind verpflichtet, dienstliche Weisungen der Vorgesetzten auszuführen. Zum Begriff der Anordnung oder Weisung gehört es, dass sie im Dienst oder im Zusammenhang mit dem Dienst ergeht und von dem Beamten ein bestimmtes Tun oder Unterlassen verlangt.

Von dieser (förmlichen) Weisung sind bloße Anregungen oder Ratschläge zu unterscheiden; diese sind nicht verbindlich, sodass deren Nichtbefolgung keine Gehorsamspflichtwidrigkeit darstellt. Was gemeint ist, ergibt sich aus dem nach dem sogenannten objektiven Empfängerhorizont zu verstehenden Erklärungswert der Äußerung des Vorgesetzten unter Berücksichtigung der Umstände, die zu der Äußerung führten.

Andere Willenskundgaben von Vorgesetzten, die nicht den Charakter einer Anordnung im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG haben, können eine Befolgenspflicht und damit möglicherweise einen beamtenrechtlichen Erstattungsanspruch nicht auslösen. Mit dem Zusammenspiel von Weisung, Befolgenspflicht, Beratung und Remonstration hat der Gesetzgeber klare Formen für die Konkretisierung und ggf. Überprüfung der Pflichten eines Beamten durch Vorgesetzte geschaffen. Zwar kann eine Anordnung in diesem Sinne grundsätzlich auch konkludent erteilt werden. Dies befreit den Vorgesetzten jedoch nicht von der Notwendigkeit, dass eine Anordnung in diesem Sinne klar, bestimmt und verbindlich zu sein hat, um die Befolgenspflicht auszulösen. Eine bloße gemeinsame Überzeugung, eine Gewohnheit oder eine Gepflogenheit können eine Befolgenspflicht nicht auslösen (BVerwG 2 C 44.17)

Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung. Aus der persönlichen Verantwortung folgt die Verpflichtung, dienstliche Handlungen auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Soweit Beamte im Rahmen dieser Prüfung Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben, haben sie diese unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen (Remonstrationspflicht). Wird die Anordnung aufrecht erhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an den nächsthöheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung und der Schadensersatz-Pflicht nach § 48 BeamtStG befreit.

Beratungspflicht und Unterstützungspflicht:
Beamte müssen ihre Vorgesetzten beraten und unterstützen.

Die Beratungs- und Unterstützungspflicht ist dabei keine Einbahnstraße, sondern gilt über ihren Wortlaut hinaus auch für Dienstvorgesetzte gegenüber ihren gleich- und sogar nachgeordneten Mitarbeitern (Prof. Dr. Klaus Herrmann mit Verweis auf Kugele / BBG-Kommentar). So hat z.B. hat auch der Dienstherr den Beamten vollständig und zutreffend zu beraten, wenn er um Beratung nachsucht oder wenn eine solche deshalb veranlasst erscheint, weil Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass er Sach- oder Rechtslagen nicht oder nicht ihrer Tragweite entsprechend erfasst hat (OVG NRW 6 A 2992/01).

Folgepflicht bei organisatorischen Veränderungen:
Der Absatz 2 bezieht sich auf gemischt dienstlich-persönliche Weisungen, die außer der Art der Aufgabenerfüllung auch die Rechtsstellung oder die persönliche Sphäre und dadurch möglicherweise auch persönliche Rechte des Beamten berühren. Gemeint sind Maßnahmen im Rahmen der Personal- und Organisationshoheit des Dienstherrn, wozu wiederum die Pflicht zählt, bei organisatorischen Veränderungen einer Umsetzung Folge zu leisten oder die Pflicht zum Ortswechsel bei einer Behördenverlegung. Durch diese Pflicht wird eine der Ausprägungen der Grundpflichten zur vollen Dienstleistung im Sinne des § 34 Satz 1 BeamtStG und zur Weisungsgebundenheit im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG konkretisiert und hervorgehoben (aus der Gesetzesbegründung).

Beispiele für Dienstvergehen:
Die Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) haben in ihren Beamtengesetzen i.d.R. weitere Regelungen getroffen.

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