Nachteile im öffentlichen Dienst
Häufig werden in der Öffentlichkeit die Vorteile und Vergünstigungen im Öffentlichen Dienst hervorgehoben. Weniger bekannt sind die Nachteile, die mit dem Staatsdienst einhergehen:Teil 2: Generelle Nachteile im öffentlichen Dienst:
- Starre Hierarchien, eingefahrene Abläufe, Duckmäusertum
- Schlechtes Image: ruhig, behäbig, langweilig, bieder, unsexy
- Innovationsfeindliche Strukturen, geringe Gestaltungsspielräume
- "Maulkorb": Kritische Meinungsäußerungen in der Öffentlichkeit können problematisch sein. Besonders Beamten drohen z.B. bei politischen Äußerungen im Internet negative Folgen für die Karriere sowie Disziplinarmaßnahmen.
- Häufig schlichtes Arbeitsumfeld mit veralteten technischen Arbeitsmitteln
- Das Gehalt des einzelnen Mitarbeiters ist öffentlich bekannt (Entgeltgruppe / Besoldungsgruppe). Aus dem Gehalt ergeben sich das Ansehen und der Status des Mitarbeiters ("Gewinner" und "Verlierer").
- Bedrohungen und Gewalt gegen öffentliche Bedienstete. Attackiert werden besonders Mitarbeiter von / vom Jobcenter, Ausländerbehörde, Jugendamt, Ordnungsamt, Veterinäramt, Zulassungsstelle, ÖPNV und Vollstreckungsbehörde.
- Öffentlicher Druck, auch persönliche Angriffe und Beleidigungen über die sozialen Netzwerke.
- Hoher Anteil befristeter Verträge, dadurch berufliche Unsicherheit
- Oftmals enge Vorgaben zur Gestaltung der Arbeitszeit: Kurzfristige Änderungen der Arbeitszeit, Rufbereitschaft, Überstunden, Einteilung des Urlaubs
- Amtsärztliche Untersuchungen, z.B. Einstellungsuntersuchung oder Untersuchung vor Verbeamtung auf Lebenszeit => Risiken bei Erkrankungen, Verletzungen, Übergewicht, etc.
- Relativ hohe Wochenarbeitszeiten:
- Beamte: je nach Bundesland zwischen 40 und 42 Wochenstunden (z.B. Beamte NRW: 41)
- Angestellte/Arbeiter (Arbeitnehmer): nach TVöD 39 Wochenstunden (West), 40 Wochenstunden (Ost), nach TV-L je nach Bundesland 38,5 - 40 Wochenstunden
- Oftmals geringer Verdienst (siehe Entgelttabellen Öffentlicher Dienst):
- In der Regel niedrige Eingruppierung nach Ausbildung oder Studium.
- In kleinen Städten und Gemeinden herrscht grds. ein niedriges Gehaltsniveau.
- Zumeist kein Urlaubsgeld. In der Regel kein volles 13. Monatsgehalt als Weihnachtsgeld, sondern lediglich prozentuale Jahressonderzahlung (Ausnahmen: Stadtwerke, Sparkassen).
- Defizite gegenüber vergleichbaren Berufen in der Wirtschaft. Ungerechtigkeiten zwischen Berufen im öffentlichen Dienst.
- Wiederholte Null- und Sparrunden. Die in das Grundgesetz aufgenommene "Schuldenbremse" kann zu weiteren Kürzungen führen.
- Ungünstige Karrierechancen:
- Aufstiegschancen fehlen oder sind ungewiss. Gründe sind z.B. der Abbau von höher dotierten Stellen, die Zusammenlegung von Ämtern, Kooperationen und Gemeindefusionen aufgrund von Gebietsreformen.
- Durch Digitalisierung und e-Government fallen Tätigkeiten weg, werden automatisiert oder ausgelagert. Beispiele: Finanzbuchhaltung, Ausstellen von Pässen im Bürgerbüro, Kundenservice der Stadtwerke
- Leistungsfremde Beförderungskriterien wie z.B. Beziehungen, Proporz oder Parteizugehörigkeit sind verbreitet. Gut dotierte Stellen werden vielfach ohne Ausschreibung besetzt (weder externe noch interne).
- Geringe berufliche Flexibilität kann in Sackgasse führen. Änderungen der Karriere sind kaum möglich (z.B. ein Wechsel in die Privatwirtschaft).
- Mangelhafte Fehlerkultur. Bei Fehlern wird ein "Sündenbock" gesucht, unabhängig von den oft vielschichtigen Ursachen.
- Verpflichtung zu Ehrenämtern (z.B. häufiger Dienst als Wahlhelfer, teils auch verbunden mit Urlaubssperre) Spezielle Nachteile in Verwaltungsberufen (Verwaltungsangestellte /-beamte):
- Herumschubsen: Häufige Änderungen der Aufgaben und Umsetzungen sind in der Regel zulässig. Vergleiche zum Beispiel folgendes Urteil (Beamte)
- Fehlende berufliche Selbstbestimmung: Die Übertragung von belastenden Aufgaben ist möglich (z.B. Zwangseinweisung von psychisch Kranken).
- Dröge Arbeiten. Wenig Kreativität und Sinngebung. Aufgrund von Digitalisierung abnehmende persönliche Kontakte. Wenig Raum für Eigeninitiative. "Fließbandarbeit" im Büro.
- Schlechtes Image: Öffentliche Verwaltung gilt als bieder und unsexy.
- Mobbing und Depressionen sind überdurchschnittlich verbreitet. Es herrscht ein Klima, das von Misstrauen und Kontrolle geprägt ist (PWC-Studie).
- Schlechte Finanzlage einiger Kommunen führt zu Kostendruck. Wenig Gestaltungsspielräume.
- Die Verwaltung ist weiblich. Geringe Attraktivität des ö.D. für Männer. Zum Beispiel nur 25 % Männer bei Auszubildenden zu Verwaltungsfachangestellten.
- Fehlende Transparenz bei Personalentscheidungen. Beziehungen und Netzwerke spielen bei der Karriere oftmals eine Rolle.
- Verschlechterungen sind jederzeit per Gesetz oder Verordnung möglich (z.B. Arbeitszeitverlängerung, Streichung Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, Kürzung von Beihilfen und Pensionen)
- Private Krankenversicherung / Beihilfe für Beamte: Beamter muss finanziell in Vorleistung treten, trägt das Erstattungsrisiko. Private Arbeit mit Abrechnungen. Pauschale Abzüge ("Kostendämpfungspauschale"). Unsichere Beitragsentwicklung in der PKV.
- Hohe Anforderungen an die Eignung. Auch Inhalte, die vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis im Internet gepostet oder verbreitet wurden, können problematisch sein und zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis führen (z.B. VG Freiburg, 3 K 2539/21;VerwG Düsseldorf 2 K 2957/23).
- Weitreichende beamtenrechtliche Pflichten und Beschränkungen, die teils auch in der Freizeit und im Ruhestand gelten. Beispiele:
- Dienstleistungspflicht, Wohlverhaltenspflicht, Pflicht zur Uneigennützigkeit
- Folgepflicht / Gehorsamspflicht
- Loyalitätspflicht, Verfassungstreuepflicht (kritisch kann z.B. die Mitgliedschaft in der AfD oder die Unterstützung der "Letzte Generation" sein)
- Beratungspflicht
- Pflicht zur Gesunderhaltung
- Remonstrationspflicht
- Verschwiegenheitspflicht
- Verstöße gegen Beamtenpflichten stellen Dienstvergehen dar, die zu Disziplinarverfahren führen. Beispiele:
- Ein kritischer Post, Like- oder "Gefällt mir"-Klick in den sozialen Netzwerken (z.B. Facebook, Instagram, Snapchat, Twitter / X, TikTok).
- Passive Mitgliedschaft in einer rassistischen WhatsApp-Gruppe, verfassen rechtsextremer E-Mails / Nachrichten in Messengerdiensten
- Fahrt unter Alkoholeinfluss
- Schwarzfahren im ÖPNV
- Straftaten und Dienstvergehen können zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und damit zum vollständigen Verlust des Pension-Anspruches führen. Beispiel: Polizist verliert Pension
- Kein Anspruch auf Beförderung wegen höherwertiger Tätigkeit. Verbot der Sprungbeförderung. (Arbeitnehmer: Bezahlung erfolgt anhand der übertragenen Aufgaben).
- Die Karriere ist von der regelmäßig stattfindenden Beurteilung ("Zeugnis") durch den Vorgesetzten abhängig. Diese ist subjektiv, oft unfair ("Nasenpolitik") und gerichtlich kaum überprüfbar. Verwaltungsbeamte sind einer gewissen Willkür ausgesetzt.
- Ein Dienstherrenwechsel zwischen den Bundesländern ist aufgrund der Zersplitterung des Beamtenrechts erschwert.
- Nebentätigkeiten sind für Beamte nur eingeschränkt zulässig. Ferner kann eine Abrechnungspflicht und Abführungspflicht bestehen.
- Ein Ausstieg aus dem Beamtenverhältnis kann finanziell nachteilig sein, sofern die erworbenen Pensionsansprüche verloren gehen (abhängig vom Bundesland nur Nachversicherung mit großen Verlusten). In anderen Bundesländern wird ein Altersgeld gezahlt.
- Verbot von auffälligem äußeren Erscheinungsbild, z.B. Körperkunst
- Nach dem geplanten Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) sollen Hinweisgeber (Whistleblower) besonders geschützt werden, die "verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamten" melden. Dadurch wird die Möglichkeit eröffnet, Beamte anonym zu denunzieren und zu verleumden, um ihnen zu schaden.
- Missliebige Beamte werden von den Dienstherren nicht selten gemobbt. Sie werden z.B. mit Disziplinarmaßnahmen überzogen, häufig umgesetzt, versetzt oder wegen Dienstunfähigkeit in den Vorruhestand versetzt (Zwangspensionierung).
Teil 1) Vorteile und Vergünstigungen im öffentlichen Dienst
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