Fehler in der Pflege: Was du wissen und beachten musst
Auch in der Pflege kann trotz größter Sorgfalt einmal ein Fehler passieren. Ob bei der Medikamentengabe, Dokumentation oder im Umgang mit Bewohner:innen – entscheidend ist, wie du damit umgehst. Hier erfährst du, welche Rechte und Pflichten du hast und wie du dich im Ernstfall richtig verhältst.
1. Grundsatz: Wer haftet bei Fehlern?
Grundsätzlich haftet der Arbeitgeber für Schäden, die im Rahmen deiner beruflichen Tätigkeit passieren. Als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst haftest du nach § 3 Absatz 6 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) nur dann, wenn du:
- vorsätzlich (absichtlich) oder
- grob fahrlässig gehandelt hast.
Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) ist die Haftung ähnlich geregelt.
2. Was sind typische Pflegefehler?
- Falsche oder vergessene Medikamentengabe – kann je nach Situation leicht bis grob fahrlässig sein (z. B. wenn die Verwechslung trotz klarer Kennzeichnung passiert – grob fahrlässig)
- Unvollständige oder verspätete Pflegedokumentation – meist als leicht oder mittel fahrlässig zu werten (z. B. wenn Zeitdruck besteht, aber keine kritischen Informationen fehlen)
- Sturz eines Bewohners durch fehlende Absicherung – kann mittel bis grob fahrlässig sein, wenn Sicherungsmaßnahmen unterlassen wurden, obwohl ein Sturzrisiko bekannt war
- Missverständnisse bei Übergaben – meist leichte bis mittlere Fahrlässigkeit, je nach Informationsgehalt und Konsequenz
- Verwechslung von Patienten oder Pflegeplänen – häufig grob fahrlässig, besonders bei eindeutiger Kennzeichnung oder Missachtung von Sicherheitsregeln
- Injektionen, Medikamentengaben, Infusionen ohne ärztliche Anordnung – Pflegekräfte dürfen nur im Rahmen ihrer Kompetenzen handeln. Medizinische Maßnahmen ohne ärztliche Anordnung gelten in der Regel als grob fahrlässig.
3. Was tun, wenn dir ein Fehler passiert?
- Ruhe bewahren: Panik hilft niemandem – weder dir noch dem Patienten.
- Sofort melden: Informiere deine Leitung oder eine verantwortliche Fachkraft.
- Dokumentieren: Ehrlich und vollständig – keine Manipulation.
- Kooperieren: Bei internen Untersuchungen oder Rückfragen sachlich bleiben.
4. Droht dir eine Abmahnung oder Kündigung?
Kommt darauf an, wie schwer der Fehler war und ob er grob fahrlässig oder vorsätzlich geschah. Bei einfachen Fehlern ohne Schaden ist meist mit einem Gespräch oder Hinweis zu rechnen. Wiederholte oder grobe Pflichtverletzungen können eine Abmahnung oder Kündigung zur Folge haben haben.
Wichtig: Auch bei Fehlern hast du Anspruch auf ein faires Verfahren und rechtliches Gehör.
5. Deine Rechte bei Fehlern
- Keine Alleinhaftung: Du haftest nicht automatisch für jede Folge eines Fehlers – entscheidend ist der Grad der Fahrlässigkeit.
- Unterstützung: Bei Vorwürfen kannst du dich an den Personalrat, deine Gewerkschaft oder einen Anwalt wenden.
- Keine Selbstanzeige-Pflicht: Du musst dich nicht selbst belasten – aber ehrliche Mitwirkung wird meist positiv gewertet.
6. Fehlerkultur statt Schuldzuweisung
Immer mehr Einrichtungen setzen auf ein offenes Fehlermanagement. Ziel ist es, aus Fehlern zu lernen und Wiederholungen zu vermeiden – nicht, Schuldige zu bestrafen. Du hast das Recht, in einem Umfeld zu arbeiten, das Fehler als Teil der Realität anerkennt.
7. Schutz durch Versicherung und Diensthaftpflicht
Der Arbeitgeber ist in der Regel gegen Personen- und Sachschäden versichert. Dennoch kann der Arbeitgeber den Schaden teilweise vom Mitarbeiter zurückfordern, wenn dieser grob fahrlässig gehandelt hat. Wichtig:
- Viele Gewerkschaften bieten Rechtsschutz und Zusatzversicherungen an
- Bei Unklarheiten: Rechtzeitig den Personalrat oder die Gewerkschaft einschalten
8. Typische Ursachen von Fehlern in der Pflege
- Überlastung und Zeitdruck – Häufigste Ursache, bedingt durch Personalmangel, hohe Arbeitsdichte und fehlende Pausen.
- Kommunikationsprobleme – Fehlerhafte oder fehlende Übergaben, unklare Absprachen und Missverständnisse im Team.
- Unzureichende Qualifikation und Unerfahrenheit – Mangelndes Fachwissen, fehlende praktische Erfahrung oder unsichere Handlungsweisen, besonders bei neuen oder unzureichend eingearbeiteten Mitarbeitenden.
- Unklare oder fehlende Dokumentation – Lückenhafte Pflegeplanung, nicht nachvollziehbare Anordnungen oder vergessene Eintragungen.
- Ablenkungen und Unterbrechungen – Häufig durch Notfälle, technische Probleme oder externe Störungen während kritischer Tätigkeiten.
- Physische und psychische Erschöpfung – Langfristige Belastung kann die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen und das Fehlerrisiko erhöhen.
- Unwissenheit über aktuelle Standards – Veraltete Kenntnisse oder fehlende Fortbildungen zu aktuellen Pflegepraktiken.
Fazit
Fehler in der Pflege können passieren – entscheidend ist, wie du damit umgehst. Du hast Rechte, musst aber auch bestimmte Pflichten einhalten. Informiere dich, suche Unterstützung und bleibe professionell.