Rückgruppierung im TVöD: Rechte der Beschäftigten, Zulässigkeit, Erfahrungen
Eine Rückgruppierung im TVöD ist für viele Beschäftigte ein überraschender und oft belastender Eingriff. Dabei ist rechtlich klar geregelt, in welchen Fällen eine Rückgruppierung überhaupt zulässig ist, wann die Zustimmung der Beschäftigten erforderlich ist und welche Rolle die sogenannte korrigierende Rückgruppierung spielt.
Diese Seite erklärt umfassend und verständlich alle wichtigen Aspekte, Beispielen aus der Praxis und einem klaren Prüfschema zur Zulässigkeit.
1. Was bedeutet Rückgruppierung im TVöD?
Eine Rückgruppierung bedeutet, dass die oder der Beschäftigte künftig in eine niedrigere TVöD Entgeltgruppe eingereiht werden soll. Dabei ist entscheidend zu unterscheiden, ob:
- die bisherige Eingruppierung von Anfang an falsch war (korrigierende Rückgruppierung) oder
- der Arbeitgeber Tätigkeiten ändert oder entzieht (Rückgruppierung wegen Tätigkeitsänderung).
Die beiden Varianten unterscheiden sich rechtlich vollständig und haben völlig unterschiedliche Folgen für Beschäftigte.
2. Korrigierende Rückgruppierung
Die korrigierende Rückgruppierung dient der Berichtigung einer objektiv falschen Eingruppierung. Die Tätigkeit der Beschäftigten bleibt unverändert – nur die bisherige Bewertung war tariflich unzutreffend.
Rechtsfolgen
- Keine Zustimmung erforderlich.
- Keine Vertragsänderung
- Arbeitgeber ist zur Berichtigung verpflichtet (Tarifautomatik)
- Nur zulässig, wenn sich die Tätigkeit überhaupt nicht geändert hat
- Der Arbeitgeber trägt die Beweislast, dass die Eingruppierung von Anfang an falsch war.
- Beschâftigte können dieser Rückgruppierung widersprechen (schriftlich) und falls erforderlich dagegen klagen.
Rechtliche Grundlage
Die Eingruppierung ergibt sich unmittelbar aus den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung TVöD (§§ 12 und 13 TVöD). Das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach bestätigt, dass die korrigierende Rückgruppierung keine Vertragsänderung ist.
Wann ist eine korrigierende Rückgruppierung unzulässig?
- Wenn sich die Tätigkeiten geändert haben
- Wenn der Arbeitgeber „nachträglich“ Tätigkeiten anders interpretiert
- Wenn Tätigkeiten nicht korrekt erhoben wurden
- Wenn Tätigkeiten entzogen wurden (→ Tätigkeitsänderung!)
3. Rückgruppierung wegen geänderter Tätigkeit
Hier geht es nicht um Fehlerkorrektur, sondern um eine Veränderung der übertragenen Aufgaben, etwa durch:
- Aufgabenentzug
- Niveauabsenkung
- Neuorganisation
- Delegation anderer, einfacherer Tätigkeiten
In solchen Fällen entsteht eine neue – meist niedrigere – Eingruppierung. Das ist eine Änderung des Arbeitsvertrags und daher nur zulässig:
- mit ausdrücklicher Zustimmung der Beschäftigten oder
- mittels Änderungskündigung (in der Praxis extrem selten und schwer rechtssicher begründbar)
Unzulässige Fälle (sehr häufig!)
- Entzug von Aufgaben mit dem Ziel einer niedrigeren Entgeltgruppe
- „Umorganisation“, die nur formal Tätigkeiten abbaut
- Neue Stellenbeschreibung, die nicht der Realität entspricht
- Druck auf Beschäftigte, einer Rückgruppierung zuzustimmen
Wichtig: Einseitige Tätigkeitsverringerungen sind tarifwidrig und überschreiten das Direktionsrecht.
4. Prüfschema: Ist die Rückgruppierung zulässig?
- Hat sich Ihre Tätigkeit geändert?
Wenn ja → Zustimmung erforderlich. - Ihnen wurden Tätigkeiten entzogen?
Wenn ja → keine korrigierende Rückgruppierung. - Wurde die Tätigkeit neu bewertet?
Wenn ja → Änderungskündigung oder Zustimmung nötig. - War die Eingruppierung von Anfang an falsch und Tätigkeit ist gleich geblieben?
Dann → korrigierende Rückgruppierung möglich.
5. Häufige Fehler der Arbeitgeber
- Verwechslung von Tätigkeitsänderung und korrigierender Rückgruppierung
- Nicht ordnungsgemäße Arbeitsvorgangsermittlung
- Unklare oder geschönte Stellenbeschreibungen
- Druck zur freiwilligen Zustimmung
- Fehlende Beteiligung des Personalrats
6. FAQ – Häufige Fragen
Gilt eine korrigierende Rückgruppierung rückwirkend?
Grundsätzlich ja. Rückforderungen sind aber eingeschränkt durch tarifliche Schutzregelungen.
Muss ich einer korrigierenden Rückgruppierung zustimmen?
Nein. Wenn der Arbeitgeber eine korrigierende Rückgruppierung vornehmen will, muss er beweisen, dass die Eingruppierung falsch war.
Muss ich einer Rückgruppierung wegen Tätigkeitsänderung zustimmen?
Nein. Es du hast das Recht, dies abzulehnen und den geänderten Arbeitsvertrag nicht zu unterschreiben.
Kann mir der Arbeitgeber Aufgaben wegnehmen, um mich niedriger einzugruppieren?
Das ist fast immer unzulässig und überschreitet das Direktionsrecht.
Was tun, wenn ich die Rückgruppierung für falsch halte?
Schriftliche Beanstandung einreichen, Personalrat und eventuell Gewerkschaft/ Anwalt einschalten. Tarifliche Ausschlussfristen beachten.
7. Fazit
Rückgruppierungen im TVöD sind nur in eng definierten Fällen zulässig. Beschäftigte sollten Rückgruppierungen niemals ohne Prüfung akzeptieren. Vor allem Tätigkeitsänderungen dürfen nicht einseitig auferlegt werden.
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