Übermittlungen bei Strafverfahren gegen Beamte

Das Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) regelt in § 49 die Pflichten von Staatsanwaltschaften und Gerichten bei Strafverfahren gegen Beamte. Für Beamte des Bundes gilt § 115 Bundesbeamtengesetz (BBG).

§ 49 Übermittlungen bei Strafverfahren
(1) Das Gericht, die Strafverfolgungs- oder die Strafvollstreckungsbehörde hat in Strafverfahren gegen Beamtinnen und Beamte zur Sicherstellung der erforderlichen dienstrechtlichen Maßnahmen im Fall der Erhebung der öffentlichen Klage
  1. die Anklageschrift oder eine an ihre Stelle tretende Antragsschrift,
  2. den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls und
  3. die einen Rechtszug abschließende Entscheidung mit Begründung
zu übermitteln. Ist gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt worden, ist die Entscheidung unter Hinweis auf das eingelegte Rechtsmittel zu übermitteln. Der Erlass und der Vollzug eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls sind mitzuteilen.
(2) In Verfahren wegen fahrlässig begangener Straftaten werden die in Absatz 1 Satz 1 bestimmten Übermittlungen nur vorgenommen, wenn
  1. es sich um schwere Verstöße handelt, namentlich Vergehen der Trunkenheit im Straßenverkehr oder der fahrlässigen Tötung, oder
  2. in sonstigen Fällen die Kenntnis der Daten aufgrund der Umstände des Einzelfalls erforderlich ist, um zu prüfen, ob dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind.
(3) Entscheidungen über Verfahrenseinstellungen, die nicht bereits nach Absatz 1 oder 2 zu übermitteln sind, sollen übermittelt werden, wenn die in Absatz 2 Nr. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, wie gesichert die zu übermittelnden Erkenntnisse sind.
(4) Sonstige Tatsachen, die in einem Strafverfahren bekannt werden, dürfen mitgeteilt werden, wenn ihre Kenntnis aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls für dienstrechtliche Maßnahmen gegen eine Beamtin oder einen Beamten erforderlich ist und soweit nicht für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass schutzwürdige Interessen der Beamtin oder des Beamten an dem Ausschluss der Übermittlung überwiegen. Erforderlich ist die Kenntnis der Daten auch dann, wenn diese Anlass zur Prüfung bieten, ob dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind. Absatz 3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(5) Nach den Absätzen 1 bis 4 übermittelte Daten dürfen auch für die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz oder einem entsprechenden Landesgesetz verwendet werden.
(6) Übermittlungen nach den Absätzen 1 bis 3 sind auch zulässig, soweit sie Daten betreffen, die dem Steuergeheimnis (§ 30 der Abgabenordnung) unterliegen. Übermittlungen nach Absatz 4 sind unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 Nr. 5 der Abgabenordnung zulässig.
(BeamtStG in der Fassung vom 28. Juni 2021)

Kommentierung:

Aus § 49 BeamtStG ergeben sich in Verbindung mit der "Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra)" verschiedene Mitteilungspflichten gegenüber dem Dienstherrn des Beamten.

Zu beachten ist, dass die Einleitung eines Strafverfahrens gegen einen Beamten noch keine Mitteilungspflichten nach sich zieht. Ferner sind Ordnungswidrigkeiten keine Strafsachen.

Da dem Dienstherrn somit begangene Straftaten i.d.R. bekannt werden, droht dem Beamten zusätzlich ein Disziplinarverfahren mit schwerwiegenden Konsequenzen. Als Disziplinarmaßnahme kommen z.B. die Kürzung der Dienstbezüge, die Zurückstufung oder sogar die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (siehe z.B. § 24 BeamtStG) in Betracht. Für Beamte auf Widerruf und Beamte auf Probe können Straftaten zur Entlassung führen (s. § 23 Abs. 3 und 4 BeamtStG).

Unabhängig davon werden auch gegen Beamte verhängte im Bundeszentralregister eingetragen.

Die Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) und der Bund haben in ihren Beamtengesetzen und Disziplinargesetzen i.d.R. weitere Regelungen getroffen.

In der Verwaltungsvorschrift "Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra)" wird Näheres geregelt. Unter anderem wird darin festgelegt, in welchen Fällen und in welchem Umfang Gerichte und Staatsanwaltschaften in Strafsachen zur Mitteilung an öffentliche Stellen verpflichtet sind. Auszug:

Nummer 1:
Grundsatz
(1) In Strafsachen sind Gerichte und Staatsanwaltschaften nach der gesetzlichen Regelung im Zweiten Abschnitt des EGGVG (§§ 12 ff.) zur Mitteilung personenbezogener Daten von Amts wegen an öffentliche Stellen für andere Zwecke als die des Strafverfahrens, für die die Daten erhoben worden sind, befugt. Verpflichtet sind sie zu Mitteilungen nur, wenn dies im Folgenden angeordnet oder in besonderen Vorschriften bestimmt ist.
(2)-(4) ...

Nummer 15:
Strafsachen gegen Personen in einem Beamten- oder Richterverhältnis
(1) In Strafsachen gegen Personen, die in einem Beamten- oder Richterverhältnis stehen, sind mitzuteilen
  1. der Erlass und der Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls,
  2. die Anklageschrift oder eine an ihre Stelle tretende Antragsschrift,
  3. der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls und
  4. die einen Rechtszug abschließende Entscheidung mit Begründung sowie gegebenenfalls mit dem Hinweis, dass ein Rechtsmittel eingelegt worden ist.
(2) Absatz 1 gilt in Verfahren wegen Privatklagedelikten nur, wenn die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht hat; Nummer 29 bleibt unberührt. In Verfahren wegen fahrlässig begangener Straftaten sind Mitteilungen nach Absatz 1 Ziffer 2 bis 4 nur zu machen, wenn
  1. es sich um schwere Verstöße, namentlich Vergehen der Trunkenheit im Straßenverkehr oder der fahrlässigen Tötung, handelt oder
  2. in sonstigen Fällen die Kenntnis der Daten auf Grund der Umstände des Einzelfalls erforderlich ist, um zu prüfen, ob dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind.
(3) Entscheidungen über Verfahrenseinstellungen, die nicht bereits nach Absatz 1 oder 2 zu übermitteln sind, sollen übermittelt werden, wenn die in Absatz 2 Ziffer 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, wie gesichert die zu übermittelnden Erkenntnisse sind. Übermittelt werden sollen insbesondere Einstellungsentscheidungen gemäß § 170 Absatz 2 StPO, die Feststellungen zu einer Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB enthalten. Die Mitteilung ordnen Richterinnen oder Richter, Staatsanwältinnen oder Staatsanwälte an.
(4) Übermittlungen nach den Absätzen 1 bis 3 sind auch zulässig, soweit sie Daten betreffen, die dem Steuergeheimnis (§ 30 AO) unterliegen.
(5) Die Mitteilungen sind an die zuständigen Dienstvorgesetzten oder deren Vertretung im Amt zu richten und als „Vertrauliche Personalsache“ zu kennzeichnen.
(6) ...

Nummer 29:
Sonstige Mitteilungen über Personen, die einer Dienst-, Staats-, Standesaufsicht oder berufsrechtlichen Aufsicht unterliegen
(1) Sonstige Tatsachen, die in einem Strafverfahren – gleichgültig, gegen wen es sich richtet – bekannt werden, sind mitzuteilen, wenn ihre Kenntnis aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls für dienst-, disziplinar-, standes- oder berufsrechtliche Maßnahmen gegen eine der nachfolgend genannten Personen oder für aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen deren Geschäftsbetrieb erforderlich ist: 1. Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter (Nummer 15) 2. Versorgungsberechtigte, Alters- und Hinterbliebenengeldberechtigte (Nummer 18) ... Erforderlich ist die Kenntnis der Daten auch, wenn diese Anlass zur Prüfung bietet, ob Maßnahmen der genannten Art zu ergreifen sind. (2) Mitteilungen unterbleiben, soweit für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person an dem Ausschluss der Übermittlung das öffentliche Interesse überwiegen. Dabei ist zu berücksichtigen, wie gesichert die zu übermittelnden Erkenntnisse sind. (3) Die Mitteilung ordnen Richterinnen oder Richter, Staatsanwältinnen oder Staatsanwälte an. (4) Die Mitteilungen sind an die Stellen zu richten, die in den in Absatz 1 genannten Bestimmungen aufgeführt sind und als „Vertrauliche Personalsache“ zu kennzeichnen.

(In der Fassung vom 27. März 2019)

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