Zeitlicher Aufwand für Personalratsvorsitzenden
#1

Hallo,
unser Personalratsvorsitzender ist kürzlich zurückgetreten und ich habe das Amt bis zur Neuwahl übernommen. Nun meine Frage: Gibt es Richtlinien, ob und welche Zeit mir vom Arbeitgeber für diese Tätigkeit zugesprochen werden sollte/muss? (Öffentlicher Dienst, Bayern)
Wäre toll, wenn mir jemand weiterhelfen könnte!
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#2

Hallo!

ob es im bayrischen PersVG spezielle Zeitrichtlinien gibt, weiß ich nicht.
Aber ein guter Richtwert sind die Freistellungsnormen.
Ab 400 Beschäftigte ist ein Personalratsmitglied freizustellen. Wenn man das mal als Grundlage nimmt (was echt recht hoch ist, im BundesPersVG und/oder NPersVG ist die Grenze bei 300 Beschäftigten), könntest Du es umlegen auf Eure Dienststelle.
z. B.
Ihr habt 100 Beschäftigte (für eine Freistellung nach Gesetz reichte das nicht). 100 sind 1/4 der Freistellungsgrenze. Geht man von einer 40 Stunden Woche aus, kannst Du wenigstens mit 10 Stunden in der Woche mit Personalratsarbeit rechnen.
Aber die Frage so ad hoc zu beantworten ist schwierig. Es kommt auf Dein Vorwissen an, auf die Routine in Eurem Gremium. Wenn Du als Vorsitzende Einladungen, Protokolle und dgl. schreibst, nimmt das schon Zeit in Anspruch. Und wenn Du dann noch Gesetzt wälzen musst, weil Ihr ja auch rechtskonform beschließen wollt, kann das auch aufhalten.
Und ein nicht zu unterschätzender Faktor ist die Dienststelle. Sieht sie Euch als konstruktiven Mitspieler der "anderen" Seite oder als notwendiges Übel... sehr schwierig.
Ich bin auch Vorsitzende von einem fünfer Gremium. Keine Freistellung. Ich brauch ca. 1 Tag pro Woche für 140 Beschäftige.
Allerdings habe wir Schwerpunkte gesetzt und können nicht jedes Defizit der Dienststelle "verfolgen".

Und wenn man vermehrt zu Seminaren will/muss/kann... dann bist du schonman eine ganze Woche weg, aber Deine restliche PR Arbeit bleibt da... d. h. mit 1/4 kämst Du dann schon nicht mehr hin.

Ganz wichtig ist: der Dienststelle klar machen - PR ist ein Ehrenamt, dass dem Hauptamt vorgeht bzw. gleichgestellt ist. Nicht Du musst Dich freischaufeln, sondern Deine Dienststelle Dich. Lass diese Entscheidung in keinem Fall auf Dich oder gar auf Deine Kollegen abwälzen, die Deine Arbeit dann mitmachen sollen... So funktioniert das nämlich nicht. 1/4 PR Arbeit, heißt eigentlich 1/4 Stelle mehr Bedarf.

Viel Erfolg
Auenlandbewohnerin
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#3

Hallo,
erst mal vielen Dank für die ausführliche Antwort! Also wir sind ein Dreier-Gremium. Wie gesagt, ich habe das Amt des Vorsitzenden erst kürzlich übernommen. Unser vorheriger Vorsitzender hat seine Personalrats-Arbeit während der Arbeitszeit getätigt. Das ist bei mir nicht möglich, da ich in einer Mittagsbetreuung arbeite und wir dort weder einen Computer noch die Zeit dafür haben. Das bedeutet, dass ich die Protokolle, Mitbestimmungsvorgänge etc. immer in meiner Freizeit mache. Ich dachte, es gibt vielleicht Richtlinien, die den zeitlichen Aufwand regeln. Im Personalvertretungsgesetz steht dazu auch nichts genaues. Und auf den guten Willen meiner Chefs brauche ich nicht hoffen. Wenn es nichts schriftlich gibt, wird mir dafür auch keine Zeit angerechnet. Na ja, mal sehen.
Auf jeden Fall bedanke ich mich bei dir für die Mühe!!!
Liebe Grüße
Dani
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#4

Hallo Dani,

da haste wohl was falsch verstanden Icon_wink
In Deiner Freizeit??? ne, ne... so fährt das Schiff in keinen Hafen...

Tu Dir selber einen Gefallen: geh zu den Seminaren von Verdi... speziell auf Euer personalvertretungsgesetz ausgerichtet.
Dazu braucht Ihr einen ordentlichen Entsendebeschluss. Wenn Du nicht weißt wie, setzt Dich mit Deiner Gewerkschaft in Verbindung.

denn: Personalratsarbeit ist der eigentlichen Arbeit gleich zu setzen, d. h. es ist definitiv Arbeitszeit.
Mal losgeslöst davon, dass Dein Chef entsprechendes Equipment (PC, Büromaterial usw.) Dir zur Verfügung stellen sollte, ist Deine Freizeit auch wirklich Deine Freizeit.. und Dein Chef muss Dich freistellen für die PR-Arbeit oder er gibt Dir eine Zeitgutschrift.

Den Paragraphen Eures PersVG hab ich mal eingefügt:
§ 46
(2) Versäumnis von Arbeitszeit, die zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Personalrats erforderlich ist, hat keine Minderung der Dienstbezüge oder des Arbeitsentgelts zur Folge. 2 Werden Personalratsmitglieder durch die Erfüllung ihrer Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus erheblich mehr beansprucht, so ist ihnen Dienstbefreiung in entsprechender Anwendung des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG zu gewähren. 3 Bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, erhalten sie Freizeitausgleich entsprechend den für Beamte geltenden Regelungen.

(3) 1 Mitglieder des Personalrats sind auf Antrag des Personalrats von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen, wenn und soweit es nach Umfang und Art der Dienststelle zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. ...

Glaub mir... So ein VerdiSeminar bewirkt Wunder und öffnet die Augen.
Was heißt eigentlich "Mittagsbetreuung"? Musst Du da auf Kinder aufpassen? Die kannst Du natürlich nicht ignorieren. Daher geh ich davon aus, dass er Dir Dein Freizeitengagement ausgleichen muss.

Gruß
Auenlandbewohnerin
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#5

Hallo,
Du bist super! Danke!! Also wir haben eine Grundschulung vor 4 Jahren als erstmaliger Personalrat genehmigt bekommen. Allerdings von der BVS (Bayrische Verwaltungsschule) - Arbeitgebernah (Verdi wurde gleich verworfen. "Die BVS ist viel effektiver"). Bei diesem Seminar wurde mir auch nur meine tatsächliche Arbeitszeit (damals noch 3 Std. täglich) angerechnet. Damals war ich auch noch keine PR-Vorsitzende, aber die Einzige, die Mitglied bei Verdi ist. Es geht schon enormer Druck von "Oben" aus. Aber nun habe ich wenigstens etwas in der Hand und werde das mal meinem Chef unterbreiten. Vielen, vielen Dank dafür!! Bin mal gespannt, was raus kommt.
Mittagsbetreuung ist eine Einrichtung in der Grundschule, wo wir mit den Kindern Beschäftigungen, Hausaufgaben etc. machen. Also da geht zeitlich nichts!
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#6

(30.01.2011, 19:58)dani65 schrieb:  Verdi wurde gleich verworfen. "Die BVS ist viel effektiver"). Bei diesem Seminar wurde mir auch nur meine tatsächliche Arbeitszeit (damals noch 3 Std. täglich) angerechnet.

ja sehr geil, da zitier ich doch gleich mal die "Zeit" Natürlich kann ein Vegetarier sehr zivil mit einem Kannibalen über das gemeinsame Nachtmahl verhandeln; dabei sollte er aber das Küchenmesser nicht als Vorleistung abgeben.

40 Stunden Seminar in PersVG sind 40 Arbeitsstunden. Fakt. Sehr geil. Da lässt selbst der TVöD keinen Spielraum.

Aber Du kannst definitiv noch die Aufbauseminare von Verdi besuchen (II und III). Mach das. Zeitnah.
Und wenn Dein Chef mit Zeit und Geld kommt, kommst Du mit der Gewerkschaft.
Sehr geil wie manche ihre Profilierungssucht und ihr Herrschertum ausleben möchten. Wahrscheinlich durften sie im Kindergarten damals nicht mitspielen. Icon_cheesygrin

schönes WE noch und meld Dich mal, ob und welcher Lehrgang es wird und welchen schönen cholerischen Anfall Dein Chef kriegt.... denn das wird passieren. Dann heißt es: ausschreien lassen - sowas befreit. Icon_lol
Und ihn nett drauf hinweisen, dass wenn er wieder bereit ist, sich gern nochmal mit Dir auseinander setzen kann.

LG
Auenlandbewohnerin
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#7

Hallo dani65,

als erstes würde ich deinen Dienstherren darauf hinweisen, dass du laut Art 44 BayPVG Anspruch auf Fachliteratur hast. Das heißt du benötigst als erstes das Bayerische Personalvertretungsgesetz und das Tarif- und Arbeitsrecht des öffentlichen Dienstes (TVöD) mit jeweiliger Kommentierung in Loseblattform. Diese werden ständig aktualisiert. Die Kosten trägt die Dienststelle.
Dies gehört zum unentbehrlichen Rüstzeug eines Personalrats, über das er jederzeit verfügen muss. Darauf hast du Anspruch!
Dort kannst du genau nachlesen was dir und deinen Kollegen zusteht.
Die Kommentierungen sind da sehr hilfreich.
Du darfst in deiner PR Tätigkeit nicht benachteiligt werden, das heißt dein Zeitaufwand müsste vergütet werden.
Schulungen sind sehr sinnvoll, da man vieles lernt und sich auch mit anderen austauschen kann. Ich kann jetzt nicht sagen dass die Lehrgänge bei der BVS arbeitgeberlastig wären. Die Dozenten kommen ja auch aus anderen Dienststellen im öffentlichen Dienst. Zum Teil sind die Dozenten selber bei verdi stark eingebunden.
Da euer PR aus drei Mitgliedern besteht, geh ich mal davon aus, dass ihr zwischen 21 und 50 Beschäftigte habt.
Im Rundschreiben des Bayer. Staatsministerium der Finanzen vom 17.11.1998, werden für Dienststellen mit weniger als 400 Beschäftigte folgende Richtwerte empfohlen:
Bis 99 Beschäftigte eine Freistellung mit 0,2; bis 199 Beschäftigte mit 0,4 usw. Die Freistellung ist vom Personalrat zu beantragen, dass heißt ihr müßt einen Beschluss darüber fassen.
Wenn du deinen Dienstherrn mit den geltenden Gesetzen und Tarifen konfrontierst wird er schlecht auskönnen.
Ansonsten gibts ja andere Wege wie z.B. eine Einigungsstelle.

Viele Grüße
Roland
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#8

Vielen, vielen Dank Auenlandbewohnerin und Roland für die Hilfe! Das hat mich schon sehr weitergebracht!
Werde diese Woche mal bei unserem Personalchef anklopfen und diese Dinge abklären. Jetzt habe ich wenigstens etwas in der Hand. Mal sehen, was dabei rauskommt!
Liebe Grüße
Daniela
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#9

Ich hänge mich mal an diesen Thread ran. Icon_wink

Für mich ist folgendes interessant:
Wir haben die 48 Std. Woche im Schichtdienst, tatsächlich
haben wir 56,5 Std. die in Freizeit ausgeglichen werden.

Unser geplanter Arbeitszeitanteil liegt bei 27% Das ist je
Woche 16 Std. Arbeitszeit.

Die 16 Stunden genügen im Grunde genommen nicht, um
all die Arbeit zu leisten. Dazu kommt, dass rein statistisch
2/3 aller Sitzungen in der Freizeit stattfinden.

Hier wird sich keine eindeutige Regelung finden lassen.
Doch letztendlich sitze ich viel in meiner Bereitschaftszeit
ohne einen Ausgleich erwarten zu können...

Wenn man es darauf anlegen würde, wäre es sicher
ein komplizierter Fall!

Grüße
Marcus
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#10

Hallo,

mit dem Schichtdiensten und dgl. kenn ich mich leider nicht aus.
Aber auch für Dich gilt "grundsätzlich": PR Arbeit ist Arbeitszeit und ist mindestens durch Freizeit auszugleichen.

Gruß
Auenlandbewohnerin
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