In einer kleinen Kommune nimmst Du gleichzeitig viele verschiedene Aufgaben wahr. In einer großen Kommune bist Du Spezialist.
In großen Kommunen gibt es natürlich viel mehr höherdotierte Stellen, so dass zumeist bessere Perspektiven bestehen.
In kleinen Kommunen wird nach meinem Eindruck mehr geklüngelt, das heißt es kommt stärker auf gute Beziehungen an, um weiterzukommen.
Wenn es um den konkreten Vergleich zweier Kommunen geht würde ich empfehlen in den Stellenplan zu schauen. Das gibt einen Eindruck zum Anteil der Beförderungsstellen.
Der Begriff "kleine Kommune" ist bei 70.000 EW fehl am Platz. Auch dort kennt sicher nicht mehr jeder jeden. Die Übernahmechancen nach erfolgreichem Abschluss steigen naturgemäß mit der Größe der Kommune, da die Wahrscheinlichkeit passender freier Stellen mit der Größe der Verwaltung zu tun hat.
Bei der praktischen Arbeit nach dem Studium sieht die Sache anders aus und ist vom persönlichem Geschmack abhängig. Ich war zur Ausbildung und ersten Tätigkeit danach bei einer großstädtischen Verwaltung, danach bei einer 8.000-EW-Stadt und jetzt schon sehr viele Jahre bei einer Gemeinde mit knapp 3.000 EW. Ich persönlich wollte definitiv nicht mehr zurück, da ich hier als einer von 3 Bediensteten des GD ziemlich viel Entscheidungsmöglichkeit und Überblick über praktisch alle Angelegenheiten der Kommunalverwaltung habe und auch für viele ganz verschiedene Bereiche zuständig bin. Ich hätte keine Lust, die nächsten 20 Jahre Grundsicherungsanträge für Buchstabe D bis F zu bearbeiten. Außerdem habe ich hier keinen Aufwand und Ärger mit "innerbetrieblicher" Bürokratie. So Zeug wie Urlaubsplan, Beschaffungsantrag, einzuhaltende Dienstwege, etc. gibt es bei uns nicht.
Dafür bin ich aber auch für viele Dinge selbst verantwortlich, die mir in einer Großstadt irgend ein Querschnittsamt oder ein Vorgesetzter abnehmen würde. Beispiel: Wenn ich einen neuen Drucker brauche, muss ich mir einen passenden suchen, bestellen und installieren. In der Großstadt würde ich der EDV-Abteilung Bescheid geben und irgendwann käme ein Techniker und würde sich um alles kümmern. Oder: In der Großstadt würde ich bei Gesetzesänderung von höherer Stelle per Rundmail informiert, es würden neue Vorlagen und Antragsformulare verteilt und irgendwo im Amt stünde der neue Gesetzeskommentar. Hier muss ich über die Lektüre von Gesetzblättern, Newslettern etc. selbst wissen, was ich zu tun habe und meine Arbeitsbereiche komplett selbstständig organisieren. Ich bin sozusagen Amtsleiter, Sachbearbeiter und Sekretärin gleichzeitig.
Außerdem ist bei einer kleinen Kommune immer das Betriebsklima entscheidend. Wenn in einem 8-Personen-Rathaus die Chemie nicht stimmt, kann man eigentlich nur noch kündigen.
Eine allgemeingültige Antwort oder Empfehlung kann es nicht geben. Da muss jeder für sich selbst abwägen, was ihm wichtig oder unwichtig ist.
Hallo,
also die Annahme:
Kleine Kommune = weniger Arbeit und
große Kommune = mehr Arbeit ist totaler Quatsch.
Das hängt viel mehr von der konkreten Stelle und der Aufgaben ab und auch, wie man sich selbst organisiert.
Die Arbeit pro Mensch nimmt nicht automatisch ab oder zu mit der Einwohnerzahl.
Gruß
1. Karrierechancen
Man muss nicht zwingend sein Leben lang beim gleichen Arbeitgeber bleiben. Wenn bei der eigenen kleinen Gemeinde keine Beförderungsmöglichkeiten bestehen, kann man ja jederzeit auf eine attraktive freie Stelle in einer Nachbargemeinde wechseln. Ich kenne in allen Nachbargemeinden meine "Funktionskollegen", die Hauptamtsleiter und teilweise auch die Bürgermeister. Wenn ich Interesse an einer höher dotierten Stelle in einer dieser Gemeinden hätte, wäre ich so gut wie eingestellt. Außerdem ist jedem Arbeitgeber ein Generalist von einer kleineren Gemeinde lieber als ein "Fachidiot" aus der Großstadt, der seit Jahren das gleiche Themengebiet bearbeitet und von allen anderen Dingen allenfalls mal im Studium gehört hat.
2. Publikumsverkehr
Bei einer Großstadtverwaltung gibt es Arbeitsplätze mit sehr viel Publikumsverkehr (Sozialwesen, Ausländerbehörde, Einbürgerungsstelle, Standesamt etc.), zahlreiche Arbeitsplätze mit keinerlei Bürgerkontakt und alles dazwischen. Bei einer kleineren Gemeinde ist Bürgerkontakt zwangsläufig häufiger, Da man immer auch für Tätigkeiten mit "Außenwirkung" zuständig ist und auch die Hemmschwelle, persönlich ins Rathaus zu gehen, viel niedriger liegt. Einerseits ist der Weg schlicht kürzer, andererseits ist man dem Bürger ohnehin persönlich bekannt und die Leute müssen sich nicht erst "durchfragen", wenn sie ein Anliegen haben.
3. allgemeine Arbeitsmenge
Die dürfte in einer kleinen Gemeinde ehre größer sein, da nicht so einfach nachjustiert werden kann. Wenn eine Abteilung in der Großstadt offensichtlich überlastet ist, wird zu den 10 bestehenden Sachbearbeitern ein 11. eingestellt und die Arbeit gleichmäßig neu verteilt. Bei einer kleinen Gemeinde passiert da nichts; man kann ja keine Zusatzkraft für z. B. 3 Wochenstunden einstellen.
Ich bin bei einer kleinen Gemeinde und bin gerne da (ich habe von früher Vergleichsmöglichkeiten).
Hier ist die Arbeit viel abwechslungsreicher, man ist näher an der gesamten Bandbreite von Menschen und Themen und vor allem: Ich bin mein eigener Herr und bearbeite die in meine umfangreichen Aufgabenbereiche fallenden Vorgänge weitgehend eigenverantwortlich, ohne dass mir ein Vorgestzter reinredet (ich bin schließlich zumeist der Einzige im Haus, der sich mit meinen Aufgaben fachlich auskennt).
Außerdem will ich nie mehr eine bloße Nummer sein, den sein Amtsleiter nicht mal mit Namen kennt, wenn er ihn im Treppenhaus trifft. Hier werde ich dagegen in der Mittagspause auf der Straße oder im Supermarkt (obwohl 20 km entfernt wohnhaft) von allen Passanten freundlich mit Namen gegrüßt...
Wir haben nicht ganz 3.000 Einwohner; im gD gibt es 3 Stellen. Es war wie bei allen Einstellungen: Ich habe eine Stellenanzeige in der Zeitung gelesen, mich beworben und wurde eingestellt. Wenn ich aufsteigen wollte, müsste ich warten, bis einer meiner höher bezahlten Kollegen ausscheidet. Vor einigen jahren wurde mir die Leitung des Rechnungsamts angeboten, was ich dankend abgelehnt habe, da ich mir einen Arbeitstag mit Zahlen, Tabellen und ohne Bürgerkontakt nicht vorstellen kann und will.
Du machst dir über Aufsteigsmöglichkeiten mehr Gedanken, als du m. E. solltest. Du verbringst 41 (als Beamter) bzw. 39 (als Angestellter) Wochenstunden an deinem Arbeitsplatz und solltest daher einen Job anstreben, an dem du Freude hast, der deinen Stärken entspricht und in dem du dich wohlfühlst. Mir persönlich ist das allemal wichtiger als 200 € mehr im Monat; im gD wirst du bei einer Vollzeitstelle definitiv nicht verhungern.
Beim derzeitigen Fachkräftemangel (zumindest hier in BW) hast du später vermutlich genug Auswahlmöglichkeiten, die dann mit deinem Grad an Berufserfahrung steigen werden.