Dienstherr verletzt Fürsorgepflicht
#1

Guten Abend,

ich bin aufgrund größerer gesundheitlicher Probleme schon seit ca. 2 Monaten krank geschrieben. Leider habe ich meinem Vorgesetzten in dieser Zeit den Gefallen getan, gelegentlich zu arbeiten. Als ich dies aber nicht mehr tun wollte, um meinen Genesungsprozess nicht länger zu beeinträchtigen, schickte er mir weiter Aufgaben zu und forderte trotz AU von mir ein, diese zu erledigen. Ebenso drohte er mir damit/erpresste mich in diesem Zuge mit einer Dienstunfähigkeit. Ich sehe in diesem Verhalten eine grobe Verletzung der Fürsorgepflicht. Da ich in einer kleinen Gemeinde tätig bin mit starken hierarchischen Strukturen, wäre es zwecklos, mich an meinen nächsten Vorgesetzten zu wenden, da dieser eng verbandelt mit meinem Dienstherren ist. Was kann ich in diesem Fall tun? Gibt es in so einem Fall eine andere Instanz, an die ich mich wenden kann?
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#2

Ich kann das gut nachvollziehen, in kleinen Gemeinden zählt das geschriebene Recht wirklich nicht viel. Es wird Dir wahrscheinlich auch nichts bringen, wenn Du Dich irgendwo beschwerst oder an eine andere Instanz wendest.

Es gibt im Beamtenrechtsrahmengesetz aber klare Regeln für eine Feststellung der Dienstunfähigkeit. Nur weil Du einige Monate krank bist, kann man Dich nicht gleich für dienstunfähig erklären. Also lass Dich nicht veräppeln!

§ 26 Dienstunfähigkeit
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. 


Allerdings musst Du damit rechnen, dass sie Dich weiter ärgern und Du zum Beispiel intern umgesetzt wirst. Dabei ist es völlig irrelevant, ob Du etwas für den Ärger kannst oder nicht.
 
Ich würde schriftlich mitteilen, dass Dir Dein Arzt leider eine weitere Arbeit während der AU untersagt hat, um die Genesung nicht zu gefährden. Das vorher auch kurz mit dem Arzt besprechen. 

Auf Mails würde ich nicht mehr antworten und bei Anrufen nicht ans Telefon gehen.
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#3

In meinen Augen sind das Verstöße gegen die Fürsorgepflicht. Die erste Frage, die ich dazu habe, ist: Kannst du es beweisen? Hast du also etwas Schriftliches (Brief, Mail, Fax), dass Dein Vorgesetzter dich zur Arbeit während der AU auffordert, obwohl du das abgelehnt hast, und er mit Dienstunfähigkeit droht?

Wenn das nur telefonisch abgelaufen ist, wovon ich ausgehe, stehst Du bei einem Verfahren doch mit leeren Händen da. Dann heißt es "Da hat mich Herr / Frau XY falsch verstanden."

Solltest du etwas Schriftliches in der Hand haben, würde ich ebenfalls schriftlich mitteilen, dass du weitere Arbeit während der AU ablehnst, da dies deine Genesung gefährdet und dass dein Vorgesetzter XY durch dieses Vorgehen gegen die Fürsorgepflicht verstoßen hat. Du kannst dann auch mitteilen, dass du bei weiteren Verstößen dann rechtliche Schritte einleiten wirst. Z.B. Schadensersatz kannst du geltend machen.
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#4

Vielen Dank für die Antworten! Der Input hilft mir auf jeden Fall weiter. Die Dienstunfähigkeit hat er angedroht, nachdem ich eine Wiedereingliederung abgelehnt habe, für die ich einfach noch nicht gesund genug bin. Ich hoffe allerdings auch darauf, dass es nicht so weit kommen wird.

Tatsächlich wird aus dem E-Mail-Verkehr die Aufforderung zur Erledigung der Aufgaben ersichtlich, sodass ich diese im Streitfall vorlegen könnte.
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#5

Hallo,

Verstöße gegen die Fürsorgepflicht sind für Betroffene immer schwierig zu handhaben.

ist es denn tatsächlich deine Dienststelle (sprich der Bürgermeister etc.), der dich während der Krankheit anruft oder dich anschreibt, um Arbeiten erledigen zu lassen oder ist es viel mehr dein direkter Vorgesetzter? 

Es gibt doch bestimmt einen Personalrat, an den du dich wenden kannst? Die kennen die Gegebenheiten in Deiner Dienststelle viel besser als wir im Forum und können dich eher beraten. Solltest du Mitglied einer Gewerkschaft sein, empfehle ich dir, dort Hilfe zu holen.

Vor einem Verfahren zur Dienstunfähigkeit, würde ich mir zum jetzigen Zeitpunkt keine Sorgen machen. Dagegen sind Rechtsmittel moglich und letztendlich sind diese Entscheidungen gerichtlich überprüfbar.

Ich drücke dir die Daumen!
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#6

(18.03.2023, 15:05)Gast schrieb:  Vielen Dank für die Antworten! Der Input hilft mir auf jeden Fall weiter. Die Dienstunfähigkeit hat er angedroht, nachdem ich eine Wiedereingliederung abgelehnt habe, für die ich einfach noch nicht gesund genug bin. Ich hoffe allerdings auch darauf, dass es nicht so weit kommen wird.

Tatsächlich wird aus dem E-Mail-Verkehr die Aufforderung zur Erledigung der Aufgaben ersichtlich, sodass ich diese im Streitfall vorlegen könnte.
Wurde die Wiedereingliederung vom Dienstherrn vorgeschlagen? Auf welcher Basis? Der Regelfall ist doch die Vorlage eines Wiedereingliederungsplanes vom Beamten auf der Grundlage einer Einschätzung des behandelnden Arztes. 

Bei einer unklaren Prognose und anhaltender Dienstunfähigkeit ist die Einschaltung eines Amtsarztes durch den Dienstherrn nicht ungewöhnlich und wäre auch nicht zu beanstanden. Vor einer dauerhaften Dienstunfähigkeit stehen allerdings Therapiemaßnahmen, eine temporäre Dienstunfähigkeit oder eine Teildienstunfähigkeit. Das ist weniger in der Hand des Dienstherrn als vielmehr des Amtsarztes.
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