Fahrlässig oder Vorsatz? Arbeitsrechtliche Konsequenzen!?
#1

Hallo,

ich glaube, ich habe mind. mittelgroßen Mist gebaut und möchte wissen, mit welchen arbeitsrechtlichen Konsequenzen ich zu rechnen habe.

Schwerbehinderte, nicht offensichtlich ungeeignete Bewerberin, hatte sich auf eine ausgeschriebene Stelle beworben.

Die Bewerberin fragte schriftlich direkt bei mir nach, warum sie nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden ist, obwohl sie ja schwerbehindert ist und die Anforderungen der Stellenanzeige vollumfänglich erfüllt. Erst da fiel es mir, wie Schuppen von den Augen. Ich hatte die Angabe ihrer Schwerbehinderung im Bewerbungsanschreiben übersehen und sie entsprechend nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen.

Da wir in der Anzeige geschrieben hatten "Gesucht wird ein/e Vfa, wünschenswert ein/e Vfw", "Eingruppierung bis TVöD 9b", habe ich der Bewerberin geantwortet, dass wir vorrangig ein/e Vfw gesucht haben, der/die bereits Berufserfahrung in dem zu besetzenden Bereich hat und darüber hinaus die 9 b nicht an Vfas vergütet werden kann, um nicht wirklich den Verdacht aufkommen zu lassen, dass wir sie vielleicht tatsächlich nur wegen der Schwerbehinderung nicht eingeladen haben.

Lange war Ruhe. Jetzt kam ein Einschreiben mit Rückschein, das über den Tisch des Bürgermeisters lief und ich entsprechend vorsprechen musste.

Mit diesem Schreiben werden Entschädigungsansprüche i. H. v. 3 Bruttomonatsgehältern nach dem AGG geltend gemacht.

Die Bewerberin argumentiert, dass lt. Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 03.04.2014, Az.: 5 Sa 1272/13 "wünschenswert" kein Muss-Kriterium, lt. Entgeltordnung auch natürlich Vfas 9 b erhalten können und wir eine Verfahrensdiskriminierung nach BAG-Urteil vom 16. 2. 2012 – 8 AZR 697/10 Rn 38 begangen hätten. Auch hätten wir in der Stellenanzeige nicht sowas geschrieben, wie "Schwerbehinderte BewerberInnen werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt". Und alleine das wäre schon ein sehr starkes Indiz dafür, dass wir keine Schwerbehinderte einstellen möchten und diese damit diskriminieren. Und tatsächlich, haben wir einen solchen Passus nicht in der Anzeige stehen. Hatten wir noch nie.

Nachdem, was ich jetzt so im www gefunden habe, kann es tatsächlich sein, dass vor Gericht der Bewerberin 3 Bruttomonatsgehälter zugesprochen werden. Vor Gericht wollen wir nicht. Wir wollen erst einmal handeln.

Jetzt möchte ich wissen, ob wir uns da doch noch irgendwie rauswinden können oder ob die Bewerberin tatsächlich im schlimmsten Fall 3 Bruttomonatsgehälter erhält!? Die Nichteinladung erfolgte wirklich nicht wegen der Schwerbehinderung! Aber wie argumentiert man, wenn man andererseits einen üblen Verfahrensfehler begangen hat?

Ist das ein fahrlässiger Fehler, ein grob fahrlässiger oder sogar Vorsatz?

Je nachdem, wie das eingeschätzt wird, im schlimmsten Fall dann doch von einem Gericht, wenn wir uns nicht einigen können, habe ich Angst, dass man mir daraus arbeitsrechtlich einen Strick ziehen kann - von Abmahnung bis Kündigung.

Was meint ihr?

Wie groß ist der Fehler, den ich gemacht habe mind. und max. sozusagen? Gibt es dazu Beispiele in der Rechtsprechung bzgl. Entschädigungszahlung und bzgl. arbeitsrechtlicher Konsequenzen?

Freue mich auf eure Antworten.

Vorab besten Dank.

Herzliche Grüße
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#2

keine Chance! da müsst ihr zahlen!
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#3

Interessiert mich auch!

Der AG muss doch nur zahlen, wenn die Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung erfolgt ist.

Wenn der AG jetzt aber einen anderen Grund vorbringt, warum die schwerbehinderte Bewerberin nicht eingeladen wurde, auch wenn der im vorliegenden Fall auch dumm ist, besteht doch keine Grundlage für die Zahlung einer Entschädigung nach dem AGG.

Oder?
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#4

Der öffentlicher AG muss einen schwerbehinderten Menschen einladen, sofern er nicht offensichtlich ungeeignet ist. Wenn der Bewerber alle "Muss-Kriterien" erfüllt, hätte eine Einladung erfolgen müssen.

Aus meiner Sicht als schwerbehinderter heraus, würde ich dem Bewerber einen Schadenersatz in Höhe eines Monatslohns anbieten. Arbeitsgerichte reizen das Strafmaß in der Regel nur bei Vorsatz auf das maximale aus. Bei einer außergerichtlichen Einigung spart man sich Gerichts- und evtl. Anwaltskosten.
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