TVöD: Ärztliche Untersuchung von Angestellten

Der § 3 Absatz 4 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) regelt das Recht des Arbeitgebers, einen Angestellten unter bestimmten Voraussetzungen zu einer ärztlichen Untersuchung zu verpflichten. Fassung aus dem TVöD-Verwaltung:

§ 3 Allgemeine Arbeitsbedingungen
(4) Der Arbeitgeber ist bei begründeter Veranlassung berechtigt, die/den Beschäftigte/n zu verpflichten, durch ärztliche Bescheinigung nachzuweisen, dass sie/er zur Leistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit in der Lage ist. Bei der beauftragten Ärztin / dem beauftragten Arzt kann es sich um eine Betriebsärztin / einen Betriebsarzt, eine Personalärztin / einen Personalarzt oder eine Amtsärztin / einen Amtsarzt handeln, soweit sich die Betriebsparteien nicht auf eine andere Ärztin / einen anderen Arzt geeinigt haben. Die Kosten dieser Untersuchung trägt der Arbeitgeber.

(Fassung: Änderungsvereinbarung Nr. 13 vom 18. April 2018)

Kommentierung:
Die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung gem. § 3 Abs. 4 TVöD bedarf einer begründeten Veranlassung. Dies ist z.B. bei berechtigten Zweifeln an der Arbeitsfähigkeit der Fall. Es müssen objektive Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der Arbeitnehmer sei nicht arbeitsfähig und damit seine Arbeitsunfähigkeit als naheliegend erscheinen lassen. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte können sich z. B. ergeben aus einer ärztlichen Bescheinigung, einer mit anderer Zielrichtung durchgeführten arbeitsmedizinischen Untersuchung oder aus hohen Krankheitszeiten des Arbeitnehmers, gegebenenfalls verbunden mit Tauglichkeitseinschränkungen während der Zeiten seiner Arbeitsfähigkeit (vgl. BAG, Urteil vom 25. Januar 2018).

In der Untersuchung kann z.B. festgestellt werden, ob der Arbeitnehmer noch generell in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Ferner kann geklärt werden, ob und gegebenenfalls mit welchen Maßnahmen der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen für den Arbeitnehmer so verändern und anpassen kann, dass dessen Arbeitsfähigkeit kurz- und langfristig gesichert ist. Aufgrund seiner Fürsorgepflicht kann der Arbeitgeber auch zur Anordnung der ärztlichen Untersuchung verpflichtet sein.

Die Pflicht des Arbeitnehmers, an einer zulässigerweise angeordneten amtsärztlichen Untersuchung mitzuwirken, entfällt nicht allein dadurch, dass der Arbeitnehmer am Tag der Untersuchung arbeitsunfähig erkrankt war unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Attest) seines behandelnden Arztes. (Landesarbeitsgericht Nürnberg, 7 Sa 304/19) Verweigert der Arbeitnehmer eine amtsärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Arbeitsfähigkeit, obwohl eine begründete Veranlassung vorliegt, kann dies je nach Einzelfall eine Abmahnung, eine ordentliche Kündigung oder eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. (ArbG Gießen, 15.02.2023, 6 Ca 98/22)

Im maßgeblichen Personalvertretungsgesetz kann eine Mitbestimmung des Personalrat bei der Anordnung von amts- und vertrauensärztlichen Untersuchungen geregelt sein.

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