Freihandelsabkommen Gefahr für kommunale Unternehmen ?
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Der Deutsche Städtetag richtet in einer Pressemitteilung einen Appell an die Bundesregierung:

"Kommunale Daseinsvorsorge nicht durch Freihandelsabkommen einschränken – transparent verhandeln"

Der Deutsche Städtetag sieht in den geplanten Handelsabkommen (TTIP, TiSA und CETA) Risiken für die kommunale Daseinsvorsorge sowie für die Wahrung der europäischen Sozial- und Umweltstandards. Der kommunale Spitzenverband fordert deshalb die Bundesregierung auf, sich gegenüber der EU-Kommission weiter mit Nachdruck für den Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge und den Erhalt von Sozial- und Umweltstandards einzusetzen.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly aus Nürnberg, sagte heute nach Sitzungen von Präsidium und Hauptausschuss in Düsseldorf: "Die Städte begrüßen grundsätzlich, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Staaten ausgebaut werden soll. Denn dies kann auch die wirtschaftliche Stärke Deutschlands unterstützen.

Es besteht allerdings die Gefahr, dass durch Handelsabkommen die kommunale Daseinsvorsorge und die Freiheit der Kommunen, darüber selbst zu entscheiden, beeinträchtigt werden. Dazu gehören für die Menschen so wichtige Bereiche wie die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die Abfallentsorgung, der Öffentliche Personennahverkehr und viele städtische Angebote im Sozial- und Kulturbereich. All diese nicht-liberalisierten Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge werden von den Kommunen in hoher Qualität und unter Einbeziehung von Bürgerinteressen erbracht. Sie müssen geschützt und deshalb in den Handelsabkommen ausdrücklich ausgenommen werden."

Zwar befassen sich die Handelsabkommen nicht direkt mit den Städten und der öffentlichen Verwaltung, ihren Organisationsformen und den kommunalen Aufgaben. Gleichwohl könnten sich Inhalte der Abkommen indirekt auf die kommunale Organisationsfreiheit auswirken, wenn etwa in Klauseln ausschließliche Dienstleistungserbringer untersagt werden würden. Einer Stadt wäre damit zwar nicht vorgeschrieben, wie sie eine Aufgabe der Daseinsvorsorge erfüllt. Eine solche Marktzugangsverpflichtung in den Abkommen könnte aber dazu führen, dass auch private Unternehmen Dienstleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge wahrnehmen können müssten und bestehende Einschränkungen zum Schutz dieser Bereiche ausgehebelt wären.

Der Deutsche Städtetag verlangt, in den Handelsabkommen alle Dienstleistungen und Aufgabenbereiche explizit zu benennen, die unter die Handelsabkommen fallen sollen, so Maly: "Wir brauchen so genannte Positiv-Listen in den Abkommen. Dadurch würde sichergestellt, dass die kommunale Daseinsvorsorge nicht von den Handelsabkommen betroffen wäre. Das böte einen wirksamen Schutz vor Eingriffen in die wichtige kommunale Aufgabenwahrnehmung. Außerdem sollten Regelungen in den Handelsabkommen nicht hinter dem soeben reformierten europäischen Vergaberecht zurückbleiben."

Mit der in diesem Jahr abgeschlossenen Reform des europäischen Vergaberechtes wurden den Kommunen die interkommunale Zusammenarbeit und die Inhouse-Vergaben von Aufgaben erleichtert und Ausnahmen etwa für die Rettungsdienste und die Wasserwirtschaft geschaffen. Wichtig sind auch die Bekenntnisse des Bundeswirtschaftsministers und von Teilen des EU-Parlamentes, dass spezielle Investitionsschutzklauseln in einem Handelsabkommen mit den USA nicht erforderlich seien. "Zwischen Staaten mit ausgeprägter rechtsstaatlicher Tradition und ausreichendem Rechtsschutz halten wir zusätzliche Regeln zum Investitionsschutz nicht für notwendig", so Maly.

Der Deutsche Städtetag begrüßt die Einberufung eines Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zum Thema TTIP unter Beteiligung der Kommunen ebenso, wie das Engagement der Bundesregierung, offizielle Vertragstexte durch die EU veröffentlichen zu lassen. Der Deutsche Städtetag befürwortet einen transparenten Verhandlungsprozess, in dem EU-Kommission und Bundesregierung regelmäßig, detailliert und verständlich über den Verhandlungsverlauf informieren.

Der Präsident des Deutschen Städtetages weist aber auch darauf hin, dass Handelsabkommen zwei Anliegen gerecht werden müssen: "Neue Handelsabkommen müssen sicher Wachstum und Arbeitsplätze im Blick haben. Aber sie müssen auch die bestehenden Standards beim Umwelt- und Verbraucherschutz beachten und dürfen diese nicht in Frage stellen."

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